Ich habe mich in den letzten Wochen intensiv mit dem Thema Demokratie beschäftigt. Mir ist es ein Anliegen, zu diesem Thema nicht zu schweigen. In diesem Zusammenhang habe ich vor einiger Zeit schon darüber geschrieben, wie Kinder heranwachsen können, die eigenständig denken und kritisch hinterfragen. Ich bin kein Politologe und dieser Post erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er spiegelt meine Gedanken und Ideen wieder. Deshalb würde ich mich freuen, zu diesem Thema ins Gespräch zu kommen.

 

Demokratie
Quelle: Pexels, Gianne Karla Tolentino, CC0

 

Was ist Demokratie?

Demokratie „bezeichnet Herrschaftsformen, politische Ordnungen oder politische Systeme, in denen Macht und Regierung vom Volk ausgehen. Dieses wird, entweder unmittelbar oder durch Auswahl entscheidungstragender Repräsentanten, an allen Entscheidungen, die die Allgemeinheit verbindlich betreffen, beteiligt. In demokratischen Staaten und politischen Systemen geht die Regierung durch politische Wahlen aus dem Volk hervor. Typische Merkmale einer modernen Demokratie sind freie Wahlen, das Mehrheitsprinzip, Minderheitenschutz, die Akzeptanz einer politischen Opposition, Gewaltenteilung,Verfassungsmäßigkeit, Schutz der Grundrechte, Schutz der Bürgerrechte und Achtung der Menschenrechte. Da die Herrschaft durch die Allgemeinheit ausgeübt wird, sind Meinungs- und Pressefreiheit zur politischen Willensbildung unerlässlich.“ (Quelle: Wikipedia)

Demokratie braucht ein demokratisches Leben und Denken in der ganzen Gesellschaft. Deutschland wurde 1945 bzw. 1990 demokratisiert. Nach dem wirtschaftlichen Aufschwung sinkt nun die Akzeptanz der Demokratie immer mehr. Durch die Globalisierung, den Sozialabbau und die Zuwanderung haben immer mehr Menschen das Gefühl, dass de Demokratie versagt und haben Angst davor, ihren Lebensstandard zu verlieren.

 

Wo wir es uns mit der Demokratie in Deutschland aktuell zu einfach machen

Hier habe ich ein paar Punkte zusammengefasst, die ich in den aktuellen Diskussionen immer wieder höre und lese, die mir Sorgen bereiten und die ich für eine Gefahr für die Demokratie halte:

  • „Mit dieser Entscheidungsgeschwindigkeit würde jedes Unternehmen untergehen.“

Für einen Konsens in der Politik braucht es oft langwierige Abstimmungs- und Verhandlungsprozesse.  Es gibt keine schnellen und schon gar keine einfachen Antworten. Das kann zu Frust und Unmut führen und zu der Frage, was „die da überhaupt machen“. Demokratie bedeutet aber, dass viele Punkte, Gesetze und Umfragen berücksichtigt werden müssen. Rufe nach Geschwindigkeit, Effizienz und schnellen Expertenrunden sind hingegen zutiefst undemokratisch. Sie verleiten außerdem dazu, auf vermeintlich einfache, populistische und extreme Positionen zu setzen.

  • „Uns geht es immer schlechter.“

Wir Europäer sind es seit 1945 gewohnt, dass Demokratie und wachsender Lebensstandard zusammengehörten. Diese Gewissheit ist jedoch spätestens seit der globalen Finanzkrise dahin. Demokratie braucht nicht zwangsläufig Wohlstand, aber ist der Wohlstand gefährdet, schwankt die Demokratie. In Deutschland überlebte die Demokratie die Krisen der 1930er Jahre nicht. Unser Wohlstand führt zu einer großen Erwartung an die Politik, diesen zu schützen. Wir müssen lernen, Demokratie von Wohlstand zu trennen, wenn wir die Werte der Demokratie bewahren wollen.

  • „Wir wollen alles.“

Wir haben zu lange geglaubt, Europäisierung und Globalisierung und die gewohnte nationale Selbstbestimmung zusammen gehen. Es braucht klare Entscheidungen darüber, wo und für welche Werte Deutschland steht und schließlich mutige Politiker, die „unseren“ Standpunkt vertreten.

  • „Was mauscheln die da eigentlich?“

Leider haben es die gewählten Politiker großteils versäumt, den Wählern das Gefühl zu geben, dass sie „dem Volk dienen“. Es fehlt die Transparenz, wie, warum und mit welchen Konsequenzen die Politiker ihre Entscheidungen getroffen haben und treffen. Außerdem fehlt aktuell durch die große Koalition eine gemäßigte, starke Opposition. Das führt zu Politikverdrossenheit und Protestwahlen und spielt denjenigen in die Hände, die Stimmung gegen die vorherrschende Demokratie machen. (Hier habe ich einen Beitrag mit Tipps für die aktuelle Regierung entdeckt.)

  • „Ich kann sowieso nichts bewirken.“

Demokratie macht Arbeit und ist anstrengend. Demokratie braucht Mitarbeit, braucht Menschen, die Nachdenken, sich informieren und Handeln, ggf. „auf die Straße gehen“. Leider steigen hier die meisten inzwischen aus (und auch ich muss mich an meine eigene Nase packen!): Mitbestimmungsprozesse schleifen, (Wahl-)Chancen werden nicht mehr wahrgenommen, Informationen nicht eingeholt, Holschuld übersehen. Es ist doch viel bequemer, sich bestimmen zu lassen und dann zu meckern. Es braucht dringend wieder mehr Menschen, die Demokratie leben wollen und nicht resigniert jegliche politische Beteiligung ablehnen. (Es gibt hier einen sehr guten Artikel zum Thema „Demokratiefaulheit“.)

Die Demokratie (wie sie in Deutschland aktuell gelebt wird) mag Fehler haben. Aber unter allen politischen Systemen ist sie dasjenige, das durch interne Kritik stärker werden kann, nicht schwächer. Je komplizierter Demokratie jedoch wird, desto genauer muss auch die Kritik ausfallen.

 

Demokratie leben
Quelle: Unsplash, Timon Studler, CC0

 

Was kann ich konkret tun?

Ich informiere mich. Ich höre, lese oder sehe Nachrichten, kaufe gute Zeitungen, unterstütze die kritische Presse, die unsere Demokratie vor autoritären Einflüssen schützt. Ich verfolge die politischen Debatten im Bundestag. Ich weiß, wer meine Volksvertreter sind. Informationen zu aktuellen Diskussionen gibt es zum Beispiel auf der Seite des Deutschen Bundestages.

Ich engagiere mich. Ich engagiere mich gesellschaftlich. Ich opfere einen Teil meiner Zeit für Feuerwehr, Hospiz, Flüchtlingsarbeit. Denn unsere Demokratie lebt vom Engagement des Einzelnen, der sich freiwillig und ehrenamtlich einsetzt.

Ich betrachte Politik nicht als Privatsache und überlasse Politik nicht anderen. Ich gehe immer wählen und überlege, ob ich mich auch selber zur Wahl stelle.

Ich setze mich für meine Ansichten ein. Ich zeige Zivilcourage, gehe auf Demonstrationen gegen linken und rechten Extremismus. Ich kämpfe für die Datensicherheit und für ein zivilisiertes Netz. Meine Ansichten kann ich auf unterschiedliche Weisen vertreten:

  1. Petitionen. Dabei ist es wichtig, ein klares Anliegen und Ziel zu formulieren und Aufmerksamkeit für die Petition zu schaffen. (Ein Interview zum Thema Online-Kampagnen gibt es hier.)
  2. In eine Partei eintreten. Wenn es eine Partei gibt, die mir grundsätzlich zusagt, kann ich dort mitwirken.  Bei den meisten Parteien kann man sich mittlerweile auch online anmelden, um sich dann im Kreisverband engagieren zu können. Möglich ist auch das Gründen einer eigenen Partei.
  3. Vereine, Panels, Demos. In jedem Kiez, Stadtteil oder Dorf gibt es unterschiedlichste Vereine, die in diversen politischen Bereichen mitwirken und wo man in kurzer Zeit ehrenamtlich viel bewegen kann.
  4. Im Privaten. Diskutieren, zuhören, Lösungen überlegen, über den Tellerrand schauen. Auch wenn man grundsätzlich in seiner Haltung übereinstimmt, lassen sich auch hier neue Perspektiven finden. Es ist vor allem wichtig, in Alltagsgesprächen von Angesicht zu Angesicht und im Netz Haltung zu zeigen.

Ich arbeite an meiner digitale Risikokompetenz. Für einen vorsichtigen Umgang mit Meinungen und Trends in den Sozialen Netzwerken bedarf es einer digitalen Risikokompetenz. Digitale Risikokompetenz bedeutet, die Chancen digitaler Technologien nutzen zu können, ohne zugleich abhängig oder manipuliert zu werden. Digitale Selbstkontrolle sollte ich auch meinen Kindern vorleben. Ein ganz aktuelles Beispiel hierfür sind Fake-Accounts und Bots, mit denen sich prima und systematisch Stimmung machen lässt. Sowohl beim Brexit als auch den Wahlen in den USA waren wohl die aktivsten Twitteraccounts beider Lager Bots, die keinen neuen Content generiert haben, sondern mechanisch Twitterbotschaften retweetet haben sollen. „Bots manipulieren die Trends in sozialen Netzwerken, und diese Trends fließen in politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse ein. (…) Im schlimmsten Fall verleiten sie aber Politiker dazu, in ihren Statements oder sogar in ihrer Politik auf solche Trends einzugehen.“ (Zitat von Simon Hegelich, weiter Infos dazu gibt es in diesem Artikel.) Auch Falschmeldungen lassen sich als Propaganda über Social Media Kanäle verbreiten.

 

P.S.: Die Bundeszentrale für politische Bildung bietet sehr gute Materialien für alle an, die sich noch mehr mit politischen Themen auseinandersetzen wollen. Zum Thema Demokratie kann ich dieses Heft für Erwachsene, dieses Jugendmagazin und dieses Heft für alle, die unterrichten, empfehlen. Die Materialien können kostenfrei bestellt und teilweise als pdf heruntergeladen werden.