Heute möchte ich über meine Reise und Erfahrungen mit dem inneren Kind schreiben und zwei Bücher zum Thema vorstellen, die ich absolut empfehlen kann. Und ich schreibe es gleich zu Beginn: Der heutige Post ist etwas länger geworden als meine sonstigen Beiträge!

In meinen Posts schreibe ich immer mal wieder etwas über die Dinge, die mich gerade beschäftigen und Punkte, die mir helfen, zu wachsen. In diesem Post hier hatte ich zum Beispiel darüber geschrieben, dass ich gerade nicht das Gefühl habe, wirklich bei mir zu sein. Manchmal reicht es jedoch nicht aus, den Alltag etwas zu verändern oder den Fokus zu verschieben.

Nachdem mir Silke unter diesem Post über ein Traumaforschungs-Buch in einem Kommentar schrieb, was sie über innere Heilung und das innere Kind gelesen hat, wurde ich neugierig. In den letzten Wochen habe ich mich intensiver mit dem inneren Kind beschäftigt.

Letzte Woche habe ich dann noch diesen (englischen Artikel) darüber gelesen, wie wir für unsere Kinder die Eltern sein können, die wir selbst als Kind gebraucht hätten. Ich teile Rachels Geschichte und Gedanken nicht ganz, aber ich merke, dass sich negative Gedanken und Erfahrungen aus meiner Kindheit in mein heutiges Leben als Mutter eingeschlichen haben, die mir und uns als Familie das Leben oft schwer machen. „Everything changed once I saw the power in re-parenting yourself. The life-changing power in being who you needed when you were a child. We need to re-parent that inner child!„.

Arbeit mit dem Inneren KindInner Bonding

Was ist das innere Kind?

Ich hatte mich vorher noch nicht mit dem inneren Kind beschäftigt und für mich klang das alles erst einmal sehr merkwürdig. Das „innere Kind“ ist symbolisch zu betrachten. Es steht für alle positiven und negativen Erfahrungen, den damit verbundenen Gefühlen und den daraus entstandenen Glaubenssätzen. Bei der Arbeit mit dem inneren Kind geht es darum, sich selber besser kennen zu lernen und unbewusste, tief vergrabene Erlebnisse ans Licht zu holen, sie anzusehen, zu verarbeiten und loszulassen.

Die meisten Menschen haben den Kontakt zum inneren Kind stark reduziert oder diese Verbindung ganz getrennt, um mit den in der Kindheit gemachten negativen Erfahrungen und damit verbundenen Gefühlen, wie Schmerz, Wut und Trauer nicht umgehen zu müssen. Wenn die Verbindung zum inneren Kind getrennt ist, sind die negativen Gefühle zwar scheinbar weg und sie scheinen einen jetzt nicht zu belasten, aber sie tauchen in unterschiedlicher Form trotzdem immer wieder auf, bis sie nicht mehr überhört bzw. übersehen werden. Eine Arbeit mit dem inneren Kind bedeutet also, Verletzungen aus der Kindheit zu heilen, um heute besser und freier leben zu können.

Die Grundannahme für die Arbeit mit dem inneren Kind ist, dass das innere Kind in der Lage ist, sich selbst zu heilen, dafür braucht es jedoch Aufmerksamkeit, Zeit und (Selbst-)Liebe. Ich finde die Beschäftigung mit meinem inneren Kind sehr spannend und aufregend, neu, anstrengend und manchmal erschreckend. (Und weil es gegebenenfalls sehr erschreckend, aufwühlend und emotional werden kann, mag es eventuell hilfreich sein, sich professionelle Hilfe bei dem Prozess zu suchen.)

Das innere Kind kennen lernen – eine Übung

In den beiden Büchern, die ich vorstelle, gibt es viele unterschiedliche Übungen und Tipps, wie man das eigene innere Kind besser kennen- und verstehen lernen kann. Diese mögen erste einmal komisch und fremd klingen, aber es gibt dazu viele Erklärungen  – und bei mir hat es am Ende einfach das Ausprobieren und mich-darauf-einlassen gebracht. Die folgende Übung habe ich hier auf diesem Blog gefunden und sie passt für mich perfekt. Ich habe sie für mich etwas abgewandelt und ich nutze sie noch immer (so wie es gerade zur Situation passt). Deshalb versuche ich, sie in meinen Worten zusammenzufassen:

1. Einen Herzensraum erschaffen. Zunächst ist es wichtig, sich an einen entspannten Ort zurück zu ziehen und zur Ruhe zu kommen. Dann stelle ich mir vor, wie ich ganz klein werde und in mein Herz hinein wandere. In meinem Herzen entsteht ein Herzensraum. Diesen Raum kann ich so gestalten, wie ich es als angenehm empfinde: Die Größe, die Farbem, die Dinge, die in dem Raum sein sollen. Ich kann alles so einrichten, dass ich mich dort wohl fühle.

2. Dem inneren Kind begegnen. Nun schaue ich mich im Raum um. An einer Stelle gibt es eine Türe, die mich zu meinem inneren Kind führt. Ich öffne sie und warte ab, was passiert. Wenn ich Unbehagen spüre, warte ich noch oder ich suche mir Unterstützung. Wenn ich ein gutes Gefühl habe, gehe ich durch die Türe. Ich schaue, was ich hinter der Türe sehe: Wie sieht es dort genau aus? Sehe ich gleich das innere Kind? Muss ich es suchen? (An dieser Stelle haben sich meine Erfahrungen sehr von der ursprünglichen Übung unterschieden. Aus diesem Grund halte ich es für wichtig, dass jeder für sich schauen kann, was passiert.)

3. Sich dem inneren Kind zeigen. Nun gehe ich langsam auf das Kind zu. Ich beobachte, wie es reagiert. Ich lasse ihm und mir Zeit. (Ich habe hier sehr lange gebraucht und konnte mit den vorgeschlagenen Vorgehensweisen wenig anfangen. Ab hier begann für mich meine eigene Geschichte mit meinem inneren Kind. Im Folgenden gebe ich aber ein paar Vorschläge wieder, wie der Kontakt mit dem inneren Kind weitergehen könnte.)

4. Das innere Kind einladen. Ich kann mein inneres Kind fragen, ob es zu mir kommen möchte. Wenn es nicht will ist es völlig in Ordnung. Es braucht Zeit und vielleicht viele Besuche im Herzensraum, um eine Vertrauensbasis zu schaffen. Reagiert das innere Kind, kann ich es in den Arm nehmen und ihm zeigen, dass ich da bin.  Ich kann mir Zeit nehmen und ihm sagen, dass ich ab jetzt für es da bin und mich um es kümmern werde.

5. Das innere Kind in den Herzensraum einladen. Ich kann mein inneres Kind fragen, ob es nicht mit in den Herzensraum kommen möchte, da da ich es nicht mehr aus meinem Leben ausschliessen möchte. Wenn es nicht möchte, probiere ich es ein anderes Mal wieder. Wenn es mitkommen möchte, gehen wir gemeinsam in den Herzensraum. Ich kann mein Kind nun fragen, ob es sich dort wohl fühlt, ob es dort irgendetwas tun möchte, ob noch irgendetwas fehlt.

Wenn wir Zeit miteinander verbracht haben, kann ich mich von meinem inneren Kind verabschieden und ihm sagen, dass ich es bald wieder besuchen werde. Ich kann aus dem Herzensraum herausgehen und wieder zu meiner normalen Größe heranwachsen.

6. Den Kontakt aufrecht erhalten und das innere Kind heilen. Ich kann immer wieder in meinen Herzensraum gehen und mich dort mit meinem inneren Kind treffen. Ich kann es fragen, was es machen möchte, wie es ihm geht und woran es Spaß hat. Wenn ich mein inneres Kind heilen möchte, dann verbringe ich Zeit mit ihm und wir tun etwas, was ihm Freude macht. Da Heilung bedeutet Ängste loszulassen und sich Freude und Angst ausschließen, wird mein inneres Kind im Laufe der Zeit lernen, seine Angst durch Freude und Liebe zu ersetzen. (Ich komme oft an einen Punkt, wo es nicht weitergeht, ich mich nicht konzentrieren kann oder „nichts mehr sehe“. Ich übe mich in Geduld und probiere es zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal.)

Aussöhnung mit dem inneren KindDas Kind in dir muss Heimat finden

Zwei Arbeitsbücher zum inneren Kind

Ich habe in der letzten Zeit mit zwei verschiedenen Büchern gearbeitet (empfehle aber, sie nicht parallel zu nutzen, da das eher verwirrend ist.), die ich beide sehr empfehlen kann.

Das Arbeitsbuch zur Aussöhnung mit dem inneren Kind“ von Erika J. Chopich und Margaret Paul.

Dieses Buch ist etwas älter und das Arbeitsbuch zum Klassiker „Aussöhnung mit dem inneren Kind“ (was man nicht gelesen haben muss, um mit dem Arbeitsbuch zu arbeiten) derselben Autorinnen. Es beginnt mit einer ausführlichen Erklärung der Begriffe um das innere Kind und das Inner Bonding, bei dem es darum geht, eine liebevolle Beziehung zwischen dem Erwachsenen und dem inneren Kind aufzubauen, um als Erwachsener bessere Beziehungen führen und mehr Lebensfreude erleben zu können. Klar wird ziemlich schnell: Mit Lesen ist es nicht getan, die Aussöhnung mit dem inneren Kind ist Arbeit!

Das Inner Bonding braucht mehrere Schritte: Sich die Gefühle des inneren Kindes bewusst machen || selbst zum liebevollen Erwachsenen werden, mit der Absicht zu lernen || in einen Dialog mit dem inneren Kind treten, die Erfahrungen und falschen Glaubenssätze entdecken || die Wahrheit entdecken und liebevolles Verhalten üben || liebevoll mit sich und dem inneren Kind umgehen.

Zu diesen einzelnen Schritten gibt es im Buch viele Übungen: Visualisierungen, Dialogübungen, Checklisten, Fragebögen und weitere Hintergrundinformationen. Dadurch gibt es viele unterschiedliche Möglichkeiten, das eigene innere Kind kennen zu lernen. Ich konnte nicht mit allen Übungen auf die gleiche Weise etwas anfangen, aber sie helfen trotzdem alle dabei, ein besseres Verständnis für das eigene innere Kind, sich selbst und die eigene Vergangenheit zu bekommen.

Das Kind in dir muss Heimat finden – In drei Schritten zum starken Ich – Das Arbeitsbuch“ von Stefanie Stahl

Dieses gerade erschienene Buch macht auch durch das große A4-Format schon den Eindruck eines Arbeitsbuches. Und auch dieses kann unabhängig von Hauptbuch Das Kind in dir muss Heimat finden: Der Schlüssel zur Lösung (fast) aller Problemebearbeitet werden.

Frau Stahl unterscheidet ebenfalls zwischen dem inneren Kind und dem Erwachsenen. Beim inneren Kind unterscheidet sie jedoch das Schatten- und das Sonnenkind. „Das Schattenkind steht für unsere negativen Kindheitsprägungen, die uns in unserem Leben immer wieder Frust und Verdruss bescheren können.“ Im ersten Kapitel geht es das Schattenkind und was es ausmacht. Das Sonnenkind steht für all die „gesunden starken und fröhlichen Persönlichkeitsanteile„. Im dritten Teil des Buches geht es darum, diese Anteile zu entdecken. Im mittleren Teil geht es um den inneren Erwachsenen und wie er gestärkt werden kann. Er ist der „wichtigste Gehilfe zur Reflexion und Problemlösung„.

Ich finde die Teilung des inneren Kindes einerseits etwas streng und schwierig, andererseits aber hilfreich, um mithilfe der Übungen im Buch leichter Zugang zu den eigenen (positiven und negativen) Erfahrungen zu bekommen. Die Übungen zum inneren Erwachsenen bieten ein sehr gutes Rüstzeug dafür, sich mit den negativen Prägungen auseinander zu setzen. In allen Teilen des Buches gibt es viele unterschiedliche Übungen, Tipps, Beispiele und viel Platz für Notizen und Gedanken.

Die beiden Arbeitsbücher ergänzen sich perfekt. Trotzdem hilft das Lesen der Bücher alleine nicht, wenn man sich nicht die Zeit und die Geduld für die Übungen – und sein inneres Kind – nimmt.

Kennst du dein inneres Kind? Wie gehst du mit ihm um?

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