Unser Kurzurlaub ist schon wieder eine Woche her. Mit am Meer hatte ich das neue Buch von Uta (Bloggerin auf „Wer ist eigentlich dran mit Katzenklo„). „Die Fibel der Gelassenheit“ ist kein dicker Erziehungsschinken, sondern enthält kurze Gedanken und Geschichten, die zum Schmunzeln und Nachdenken anregen. Tatsächlich lässt sich vieles im Alltag mit Kindern mit viel mehr Gelassenheit nehmen. Nach dem Urlaub habe ich Uta ein paar Fragen zu ihrem neuen Buch und ihrer Arbeit geschickt, die sie mir beantwortet hat.

 

Samstagskaffee, Die Fibel der GelassenheitGelassenheitGelassenheit im Familienalltag

 

Interview mit Uta Allgaier zu ihrem neuen Buch „Die Fibel der Gelassenheit – Das kleine ABC eines entspannten Familienlebens„:

Frage: Liebe Uta, in deinem neuen Buch schaffst du es wieder einmal, die wichtigsten Faktoren für ein entspanntes Familienleben auf den Punkt zu bringen, indem du nicht den Zeigefinger hebst, sondern Beispiele aus deinem eigenen Alltag beschreibst. Wann kommen dir die Ideen für deine Beiträge? Was inspiriert dich besonders?

Uta: Bücher und nochmals Bücher. Wenn ich neue pädagogische Ratgeber lese, fallen mir immer wieder Situationen mit meinen eigenen Kindern ein und schon muss ich es erzählen, um die Fundstücke aus Ratgebern zu bestätigen, zu ergänzen oder zu widerlegen. Und weiterhin inspiriert mich das alltägliche Leben auch mit unseren großen Kindern (16 und 20), das Facetimen mit Prinzessin in Kanada und die Gespräche mit dem Studenten (Kronprinz) auf Wochenendbesuch. Weitere Inspirations-Quellen sind die Familien, die ich coache, und Fortbildungen.

Frage: Du schreibst: „Eltern wollen, dass es ihren Kindern gut geht. Kinder wollen, dass es ihren Eltern gut geht. […] Wenn ein Kind Probleme macht, bringt es die Eltern zum Rotieren.“ Schwierigkeiten bei Kindern können ein unbewusster Hilferuf an die Eltern sein, dass diese sich um sich selbst und ihr Glück kümmern sollten. Die Eltern beginnen oft alles mögliche, um dem Kind zu helfen, ohne bei sich selbst zu schauen. Was sind aus deiner Sicht erste und wichtige Ansatzpunkte, bei denen Eltern anfangen sollten, wenn es Schwierigkeiten mit einem Kind gibt?

Uta: Der wichtigste Punkt ist die Partnerschaft. Die Partnerschaft ist die Basis der Familie. Wenn es hier nicht stimmt, gerät das Kind in Stress und Überforderung wegen der Loyalitäts-Konflikte mit den beiden Menschen, die es am meisten liebt. Deshalb finde ich es essentiell, die Partnerschaft zu pflegen, z.B. alle 14 Tage zu zweit essen zu gehen oder einmal im Jahr als Paar zu verreisen. Und sollten sich Eltern gerade getrennt haben, würde ich mir Hilfe holen (Mediatoren oder Coaching), damit Kinder nicht zwischen die Fronten der Erwachsenen geraten.

Der zweite Ansatzpunkt ist für mich Zeit. Unter permanentem Stress werden Eltern ungeduldig, laut, ungerecht und abwertend. Kinder müssen dann im Sinne ihrer Eltern „funktionieren“ und falls sie das nicht tun, gibt es Streit. Wenn Mütter und Väter unter Druck stehen, kommen die schnellen, unbewussten Reaktionsmuster aus der eigenen Kindheit hervor. Die sind oft wenig hilfreich. Nur mit Zeit und Ruhe kann ich mich wirklich in mein „Problem“-Kind einfühlen und erforschen, was ihm gerade zu schaffen macht.

Der dritte Punkt ist zu gucken: Welches Bild habe ich von meinem Kind? Ein Beispiel: Wenn ich überzeugt davon bin, dass mein Sohn eine faule Socke ist, sammelt mein Verstand automatisch Beweise für diese Meinung. Das Bild verfestigt sich und ich schaue gar nicht mehr genau hin, wer mein Sohn ist, wofür er sich interessiert und warum er vielleicht gerade nicht sonderlich motiviert ist. Er wiederum spürt mein Misstrauen und verweigert mehr und mehr die Kooperation, was wiederum mein Misstrauen befeuert. Was bleibt sind gegenseitige Vorwürfe, Türenknallen und das Ersterben der Kommunikation. In Familien entstehen solche Abwärtsstrudel, die ich vermeiden kann, wenn ich meine innersten Überzeugungen und Werturteile hinterfrage und mich wirklich für mein Kind interessiere.

Frage: Du schreibst auch über die hohen Ansprüche, die Eltern (und vor allem Mütter) an sich haben und die zu viel Frust und Ausgebranntheit führen. „Ich picke mir das heraus, was für mich passt, was mein Herz höher schlagen lässt, was zum Ausdruck bringt, wer ich bin. Der Rest kommt in die Tonne.“ Kannst du etwas genauer beschreiben, wie du das geschafft hast?

Uta: Ich habe wenig gearbeitet, als die Kinder klein waren, und langsam und stetig mehr, als sie größer wurden. Mein Mann war und ist der finanzielle Hauptversorger. Und auch wenn es heute unpopulär sein mag – ich habe das sehr genossen. Das ließ (meistens) mein Herz höher schlagen, mich nicht zerreißen zu müssen und an vielen Tagen im Flow zu sein mit den Kindern. Ich bin meinem Mann dankbar dafür, dass er uns das ermöglicht hat. Heute profitieren wir davon durch sehr beglückende Beziehungen zu unseren Kindern und ein erfüllendes Berufsleben, das ich mir langsam, aber beharrlich aufbauen konnte. Dieses Modell hat für uns bestens funktioniert.

Es war also der Beruf, der in den ersten Jahren „in die Tonne“ gekommen ist. Ferner war ich auch sehr zurückhaltend, wenn uns für die Kinder eine Therapie, Logopädie oder ein Frühförderprogramm empfohlen wurde. Der Terminstress – so mein Empfinden – wäre schädlicher gewesen als der Nutzen, den sie daraus gezogen hätten. Ihre Entwicklung hat mir Recht gegeben, allerdings hatten wir auch keine schwerwiegenden Probleme. „In die Tonne“ kam noch: die Dauer-Begleitung der Hausaufgaben, die stressige Familien-Rundreise an Weihnachten, das Betreiben von Sportarten, die das Wochenende gekostet hätten („Nein, wir werden keine Hockey-Eltern!“) und das Bügeln von Bettwäsche.

Und was mein Herz höher schlagen ließ und lässt? Gelegentliches Ausklinken an Wochenenden zu meinen Coachings und Fortbildungen, ab und zu ein Deko-Anfall in Haus und Garten, Verwöhn-Pediküre, einmal die Woche Stepptanzen und alle zwei bis drei Tage Joggen im Morgengrauen.

Frage: Du bietest Familien-Coachings an. Wie sieht das genau aus, wenn du mit Familien arbeitest?

Uta: In dem Film „Die Legende von Bagger Vance“ sagt der Coach: „Meine Kunst ist nicht, die richtigen Antworten zu wissen, sondern die richtigen Fragen.“ Das ist mein Leitsatz. Ich habe keine Standard-Lösungen für jede Familie, sondern jede Menge Fragen, um Eltern dabei zu unterstützen, einen Weg zu finden, der besser funktioniert als das Bisherige.

Dazu mache ich Telefon-Coachings, Beratung hier bei mir und im engeren Umkreis auch Hausbesuche. Neu dazu gekommen ist Online-Coaching. Dazu telefoniere ich zuerst mit den Eltern, um mich ins Bild zu setzen. Danach tauschen wir uns über Mail aus. Ich habe Rückmeldungen von Eltern, die mir sagen, dass schon die schriftliche Auseinandersetzung mit meinen Fragen Veränderungsprozesse in Gang gesetzt hat. Ich mag Online-Coaching sehr gerne, weil beide Seiten, die Eltern und der Coach, selbst bestimmen können, wann sie die nächste Frage stellen oder die nächste Antwort schreiben. Niemand muss dafür aus dem Haus gehen oder einen Termin machen. Dieses alltagsbegleitende Coaching halte ich für sehr wirksam.