Ich wünschte mir sehr, ausgeglichener zu sein und Herausforderungen sportlich nehmen zu können. Ungeplante Pannen mit Humor nehmen – das wäre schön! Dem ist aber eher selten der Fall!
Ich möchte so gerne, dass es allen gut geht, ich möchte liebevoll mit meinem Mann und meinen Kindern umgehen, ich möchte für ein gutes Arbeitsklima sorgen, für Freunde da sein und mit Fremden gut umgehen. Ich mache Pläne und stelle sie mir wunderschön vor. Und doch läuft im Alltag das wenigste so wie geplant. Ich merke, wie hin und wieder die Wut in mir hoch kommt: Pläne geraten durcheinander, einer „spielt nicht mit“ wie geplant, ich fühle mich ungerecht behandelt. Ich schlucke runter und weiß irgendwann nicht mehr, wohin mit meinem Frust und meiner Angespanntheit. Eine Kleinigkeit bringt das Fass dann zum Überlaufen.
Ich möchte nicht ausrasten und möchte nicht, dass meine Familie darunter leidet, wenn mir alles zu viel wird. Und doch passiert es immer mal wieder. Da ich selbst zu diesem Thema schon länger einen Beitrag schreiben wollte und einige sehr gute Beiträge zum Thema „Wut“ gefunden habe, habe ich beschlossen, meine Erfahrungen und die (aus meiner Sicht) besten Artikel zu diesem Thema hier zusammenzufassen.
Wut als Folge von Grenzüberschreitung und Überforderung
Ich bemerke Wut meistens erst dann, wenn es schon zu spät ist. Was ich aber früher bemerke sind andere Gefühle: Überforderung, Machtlosigkeit, Abwertung. Ich werde wütend, wenn ich an meine Grenzen stoße. Werden diese Grenzen von uns selbst oder anderen verletzt, signalisiert uns das unser Körper ganz deutlich und direkt mit Wut. Leider nehme ich diese Grenzen erst viel zu spät wahr oder reagiere nicht angemessen auf sie.
Oft stauen sich über Wochen oder Monate Enttäuschungen, Überbelastungen, Frust und Wut an, bis es schließlich zum großen Knall kommt. Ich glaube, hauptsächlich Frauen schaffen es, dies sehr lange zu relativieren und sich zusammen zu reißen. Hinzu kommt die Mehrfachbelastung durch Haushalt, Beruf, Freizeitaktivitäten und Kinder. Hier ist es besonders schwierig, Prioritäten zu setzen und runter zu fahren. Die verschiedenen Gefühle, die der Wut zu Grunde liegen, beschreibt der Artikel „Warum sind wir Mütter ständig so wütend?“ sehr treffend.
Eine breite Sammlung an Themen aus dem Mütteralltag haben die Autorinnen in dem Beitrag „Wut im Elternalltag: Was Mütter so richtig wütend macht“ zusammengetragen.
Warum ist Wut oft ein „weibliches Problem“?
Frauen und Männer sind gleichermaßen wütend. Doch Frauen werden seltener wütend als Männer. Frauen wird als Kind oft Sanftmut als Tugend beigebracht. Dadurch haben sie nicht gelernt, ihre Aggressionen zu erkennen und auszuleben.
Außerdem ist es gesellschaftlich nach wie vor eher den Männern gestattet, wütend zu sein und dies zu zeigen. Eine Untersuchung von US-Psychologen um Victoria L. Brescoll zeigte, dass die Wut der Männer eher positiv gewertet wird, die der Frauen negativ. Eine wütende Frau verliert so schnell an Status und so lassen Frauen ihre Wut auch aus Angst vor Ablehnung meist nicht zu. Wie sich dies insbesondere in der Politik zeigt, beschreibt der Artikel „Wohin mit der weiblichen Wut?“ sehr gut.
Tipps und eigene Erfahrungen zum Umgang mit der Wut
Ich glaube, es ist wichtig, viele unterschiedliche Ansätze beim Umgang mit der Wut zu finden. Zunächst ist es für mich wichtig, über meine eigene Erziehung nachzudenken. Was habe ich als Kind gelernt? Insbesondere für meinen Vater war es wichtig, dass wir nicht allzu sehr auffallen, keine Schwierigkeiten machen und nur „Durchdachtes“ von uns geben. Während mein Vater wütend geworden ist, wenn ihn etwas überfordert hat (laut, aggressiv, eingeschnappt oder auch, indem er sich zurückgezogen hat, aber immer nur für eine gewisse Zeit) hat meine Mutter passiv aggressiv auf ihre eigene Überforderung reagiert. Sie hat sich zurück gezogen und ohne uns einen Grund zu nennen oft tagelang nicht mit uns gesprochen.
Wichtig ist für mich, dass ich weiß, dass Wut eine Emotion ist, die jeder hat und die sein darf und die auch ich als Frau haben und ausleben darf. Jedoch muss ich für mich überlegen, wie exzessiv ich sie ausleben möchte, um mir und den Menschen um mich herum nicht zu schaden. Hierfür ist es wichtig, die frühen Anzeichen zu erkennen, wahrzunehmen und auf sie einzugehen. Woran merke ich, dass ich überfordert bin, mich machtlos und übergangen fühle? Und was genau hilft mir in solchen Momenten?
Und schließlich brauche ich für mich ein Notfallprogramm, um im Falle, dass sich doch einiges angesammelt hat und ein Wutanfall droht, nicht mich und andere zu verletzen. Es gibt einige Beiträge, die sich mit Übungen und praktischen Tipps beschäftigen, jedoch denke ich, dass hier jeder individuell schauen muss, was für ihn passt.
Aus dem Raum gehen, Abstand gewinnen, mit weichen Gegenständen schmeißen, eine Kissenschlacht veranstalten, sich ans offene Fenster stellen und ganz bewusst ein- und ausatmen. – All diese Tipps können helfen, aber sie sind keine Allheilmittel. Drei Beiträge von Bloggerinnen, die für mit dem Thema auseinander gesetzt haben: „Wenn Mama an die Decke geht – Ideen gegen die Wut„, „Zählen hilft mir nicht – Über Wut, elterliches Schreien und die eigenen Akkus“ und „Wenn Mama wütet – 7 Tipps zum gesunden Umgang mit deiner Wut„. Außerdem gibt es von Soul Rebel eine Podcastfolge „weibliche Wut„.
Um mal wieder zur Ruhe zu kommen, zu wandern und ohne Unterbrechung ein Buch lesen zu können, bin ich zu Beginn der Herbstferien für einige Tage alleine weggefahren. Die Bilder in diesem Post sind unterwegs entstanden: Am Rhein, am Laacher See und in dem wunderschönen Hotel Stilvoll in Andernach.
Wie sieht es bei dir aus? Kennst du auch diese Wut, die langsam anwächst und irgendwann rausplatzt? Was hilft dir dabei, damit umzugehen?
Mehr zu diesem Thema findest du in diesem Beitrag. Viele Tipps und persönliche Übungen, wie ein entspannter Familienalltag gelingen kann, habe ich übrigens in meinem E-Kurs „Familie gestalten“ zusammengestellt.