Michael, ein guter Freund von mir, brauchte ein neues Gebäude für sein Unternehmen. Parallel dazu träumte er von einem Coworkingspace. Im August war die Eröffnungsfeier von brüneo, dem Business Center, in das er mit seinem Unternehmen gezogen ist und in dem auch Platz für andere Unternehmen und Selbständige ist.
Auf Instagram habe ich (u.a. in meinen Storys unter coworking) bereits einige Bilder vom Bau und der Eröffnungsfeier geteilt. Einige von euch haben mich gefragt, ob ich selber dort arbeite – leider (noch) nicht, obwohl ich die Räumlichkeiten (und vor allem die Tische!) ziemlich cool finde! Ich habe Michael aber ein paar Fragen zur Entstehung seines Coworkingspace und zum Thema Netzwerken gestellt:
Lieber Michael, du hast in Brühl bei Köln das Business Center freiRaum gebaut, in das du mit deinem Kommunikationsunternehmen gezogen bist und darüber hinaus viel Platz für weitere kleine Unternehmen und Einzelunternehmer geschaffen hast. Wie bist du auf die Idee gekommen, diesen Coworkingspace zu bauen?
Im Grunde aus „Eigenbedarf“. Vor 15 Jahren bin ich mit meiner IT-Firma simply communicate GmbH ganz klassisch im alten Kinderzimmer + Garage der Eltern gestartet. Nach 10 Jahren folgte ein Wachstum auf 8 Mitarbeiter und einer Ausdehnung im elterlichen Haus auf 1 ½ Etagen und zwei Garagen. Da war klar, dass es Zeit für einen räumlichen Wechsel ist. Die Frage war nur: Wohin? Wie groß? Vielleicht etwas Eigenes? Da ich gerne mit Menschen zu tun habe (also Netzwerke 😉 und außerdem die Verschwendung von Ressourcen nicht mag, hat sich mir recht schnell die Idee einer Bürogemeinschaft aufgedrängt. Dieser Gedanke ist dann in einem Urlaub zu einem Business-Center bzw. Coworking-Space gereift.
Da es so etwas in Brühl aber noch nicht gab, habe ich mir schon die Frage gestellt: Gibt es das hier nur noch nicht oder funktioniert das in Brühl womöglich nicht? Also haben wir Anfang 2016 erst einmal nur 300qm für 3 Jahre angemietet, um eine Art „Proof of Concept“ durchzuführen.
Ich habe dabei für mich gemerkt, dass ich eigentlich gar kein konkretes Konzept hatte, sondern einfach experimentieren wollte. Es hat funktioniert: die Fläche war schnell mit weiteren Mietern, gestandenen Unternehmer/innen, Coworkern, Startups und Freelancern gefüllt. Also habe ich weiter an der Ursprungsidee der eigenen Räume geformt und geschraubt. Ein Jahr überlegen und Ideen sammeln (mitunter auf internationalen Coworking-Konferenzen), ein Jahr Planung und knapp ein Jahr Bau – und jetzt steht brüneo!
Ich weiß, dass beim Umsetzen deiner Idee nicht immer alles rund lief. Was war die größte Herausforderung beim Bau? Und gab es Momente, wo du am liebsten alles hin geschmissen hättest?
Wer beim Bau erwartet, dass alles glatt läuft, sollte besser nicht bauen. Natürlich ist das Bauen selbst etwas komplett anderes, als „der eigentliche Betrieb eines Coworking-Spaces oder die Führung einer IT-Firma. Am Ende des Tages kommt es aber immer wieder auf die gleichen Skills an: Mit Menschen umgehen (Bauunternehmer, Architekt, ausführende Firmen, etc.) und in Lösungen denken. Es ist aber tatsächlich nicht immer alles so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Vor allem hatten wir mit Planungsfehlern in Bezug auf Brandschutz zu kämpfen. Aber am Ende haben wir für alles eine Lösung gefunden.
Coworking für alle?
Für wen macht das Arbeiten in einem Coworkingspace Sinn?
Natürlich für alle. 🙂 Ganz konkret für die folgenden Gruppen:
- Selbständige, die sonst von zu Hause oder unterwegs aus arbeiten.
- Gründer bzw. Startups, die sich auf ihr Core-Business konzentrieren wollen und das „Drumherum“ anderen überlassen wollen.
- Unternehmen, die wachsen und Filialen gründen oder Abteilungen auslagern wollen.
- Forschungs- und Entwicklungs-Abteilungen von Unternehmen, die mal frischen Wind schnuppern wollen.
- Angestellte, die nicht mehr 30 Minuten und mehr zum Arbeitsplatz fahren wollen, um dort eine Aufgabe an einem Rechner zu erledigen, die sie genauso gut bei uns im Space erledigen können, aber eben auch nicht zu Hause. Gründe, nicht zu hause zu arbeiten, können unterschiedlich sein: kein Platz zum Arbeiten, Abstand vom Zuhause haben, weniger Lärm oder Ablenkung, Austausch mit anderen Professionen, etc.
- Arbeitgeber, der seinen Angestellten etwas Gutes tun will und ihm durch die Reduktion von Anfahrtszeiten Lebenszeit schenkt. Außerdem kann der Space Unternehmen aber auch kostspieligen eigenen Büroraum ersparen.
Mir gefällt freiRaum richtig gut und es macht Lust auf (gemeinsames) Arbeiten und den Austausch mit anderen. Das Gebäude und die Räumlichkeiten sind großzügig, funktional und trotzdem optisch richtig ansprechend. Woher hattest du die Ideen für die Architektur und das Innendesign?
Das Bild des Raums war irgendwie schon immer vor meinem geistigen Auge. Ich war viel bei Kunden in Köln und Umgebung unterwegs. Industriebauten haben es mir am meisten angetan. Inspiration habe ich mir auch auf internationalen Coworking-Konferenzen und auf Pinterest geholt. Der Architekt war hier leider keine Große Hilfe. Hier würde ich beim nächsten Bau definitiv vorher besser recherchieren, welcher Architekt mit mir auf einer gestalterischen Wellenlänge liegt. Was die Innenarchitektur angeht, hat eine gute Bekannte (Innenarchitektin) aus meinem Netzwerk schwer zum Erscheinungsbild beigetragen und meine Ideen ergänzt.
Wenn ich gerne mit anderen zusammen und nicht nur zu Hause in meinem stillen Kämmerlein arbeiten möchte und leider nicht in der Nähe von Brühl wohne, wie kann ich passende Coworking-Räume für mich finden?
Es gibt mittlerweile viele Portale für das Suchen und Finden von Coworking Spaces: Zum Beispiel shareDnc (was für Desk and Coffee steht) oder Coworker.com. Aber auch über immoscout, ebay Kleinanzeigen und die üblichen Verdächtigen findet man die Spaces, denn das sind die Wege, wie wir mitunter vermarkten. Denn viele suchen nach Büroräumen und wissen noch nichts von Coworking.
Die spannende Frage ist aber: Woher weiß ich, ob in dem Space wirklich ge“coworked“ wird oder ob einfach ein Büroraum mit Kicker angeboten wird? Das findet man meist nur durch Ausprobieren heraus. Gute Coworking-Spaces bieten deshalb die Möglichkeit, den Space für eine Zeit zu testen.
Ich kenne dich nun schon eine Weile und weiß, dass du ein absoluter Netzwerker bist und auch selber Netzwerk-Events organisierst. Gehören Coworking und Netzwerken zusammen?
Für mich sind diese beiden Begriffe untrennbar. Natürlich definiert jeder für sich den Begriff „Netzwerken“ anders. Bei uns ist aber jedem klar: Wenn ich mir in der gemeinsamen Küchen und dem Lounge-Bereich einen Kaffee oder nachmittags ein Bier hole, dann riskiere ich, dass mich ein anderer Coworker anspricht… Und schon bin ich im Gespräch über die Fragen: Was mache ich / Was machst Du?, Wo liegen Deine geschäftlichen Herausforderungen? – Daraus ergeben sich dann häufig Sätze, wie: Wenn Du willst kann ich Dir bei der Sache weiterhelfen oder Dir den Kontakt herstellen!
Für mich hat Netzwerken immer etwas mit Ergebnissen zu tun. Manchmal sind diese schwer zu messen, brauchen auch oft einen längeren Zeitraum. Das ist wie mit dem Säen und Ernten: „Gras wächst auch nicht schneller wenn man daran zieht.“
Wie funktioniert Netzwerken?
Für mich sind Netzwerk-Veranstaltungen eher unangenehme Veranstaltungen. Ich habe das Gefühl, auf Knopfdruck wildfremde Menschen ansprechen und etwas Kluges sagen zu müssen und mir im schlimmsten Fall langweilige Geschichten anhören zu müssen, ohne verschwinden zu können. Hast du Tipps, wie man locker und ungezwungen Netzwerken kann – vielleicht auch ohne große Netzwerktreffen besuchen zu müssen?
Mit Sicherheit tickt jeder Mensch anders. Nicht jedem schmeckt Brokkoli, nicht alle stehen auf klassische Musik und nicht jeder kommt mit jedem gut klar. Auf der andere Seite ist jeder Mensch ein soziales Wesen. Bis auf wenige Ausnahmen braucht jeder jemanden, mit dem er sich austauschen kann und das Gefühl, dass es auch noch andere (Gleichgesinnte) in der näheren Umgebung gibt. Das gilt nicht nur im Geschäftsleben, sondern gerade auch im privaten Umfeld. Man merkt schnell, dass „Kontakte nur schaden, wenn man sie nicht hat.“ Das kann eine Empfehlung für einen guten Arzt oder ein gutes Fachgeschäft sein. Diese Empfehlungen findet man auch im Internet, aber dort weiß man nicht immer, woher sie kommen und am Ende sind auch dies Netzwerke. Netzwerke von Menschen, die ihre Erfahrungen gerne mit anderen Menschen teilen wollen.
Meiner Meinung nach gibt es auch keine Netzwerk-Veranstaltungen. Es gibt nur Veranstaltungen (offline und online), bei denen ich anderen Menschen begegne, die sich zu einem bestimmten Thema verabredet haben – und sei es zum Smalltalk oder dem After-Work-Kaltgetränk. Auf keinen Fall kann ich Netzwerken erzwingen. Ein Netzwerk ist eine mögliche positive Folge von manchmal auch zufälligen positiven Ereignissen, Begegnungen, Gesprächen.
Die Angst davor, Netzwerken zu müssen, ist daher grundlegend verkehrt, führt dazu, dass man sich unnötig verkrampft und dadurch (wie beim ersten Date) meist die gewünschten oder erhofften Erfolge ausbleiben.
Trotzdem sind einige Punkte wichtig: Man sollte mit seiner Zeit sorgfältig umgehen, lernen, „Nein“ zu sagen und Gespräche charmant abzuwürgen oder gezielt auf interessante(re) Gesprächspartner zuzugehen. Das kann man lernen, aber natürlich nur dadurch, dass man es tut!
Lieber Michael, vielen Dank für deine Zeit und deine Antworten und viel Erfolg für dein Business Center!
P.S.: Wenn du dich für das Business Center oder Coworking interessierst oder weitere Fragen an Michael hast, kannst du hier weitere Infos über brüneo finden. Dieser Beitrag ist Werbung für Coworking, aber absolut unbeauftragt!