Bin ich richtig? Bin ich hier richtig? Wo soll es für mich hingehen? Diese und ähnliche Fragen können sowohl bei der Berufsorientierung, im Studium, in der Ausbildung, aber auch im Berufsleben immer mal wieder auftauchen.
Ich hatte gegen Ende meines Studiums eine Zeit, in der ich das Gefühl hatte, dass meine Stärken und Fähigkeiten irgendwie nicht zusammen passen. Eine meiner Dozentinnen hat sich mit dem Thema positive Psychologie, Motivation und Persönlichkeit beschäftigt und ihre (teilweise sehr praktischen) Seminare haben mich sehr angesprochen. Ich kann heute nicht mehr genau sagen, welcher Test letztendlich den Ausschlag gegeben hat. Aber mir wurde in dieser Zeit klar, dass sich meine Fähigkeiten, mich einerseits auf Menschen, ihre Stimmung und Situation konzentrieren und einlassen zu können und andererseits meine Fähigkeit, Situationen schnell zu analysieren und in einen Lösungs-Modus zu kommen, nicht ausschließen, sondern sich zum Beispiel im Coaching hervorragend ergänzen.
Persönlichkeitstests können eine sehr gute Hilfe sein, um die oben genannten Fragen für sich beantworten zu können. Die Tests selber sollten in sich stimmig und aussagekräftig sein, aber ich denke, es geht dabei weniger um den Test selbst als darum, dass ich etwas schwarz auf weiß habe, mit dem ich dann weiterarbeiten oder -denken kann. Das kann alleine sein, aber auch mit Unterstützung.
Wichtig ist mir auch den Punkt, dass ein Test immer nur ein Konstrukt ist, dass geschaffen wurde, um verschiedene Persönlichkeit(en) zu beschreiben. Er wird niemals allumfassend sein und mir sagen können, wer ich bin und wo es hingeht. Neben meinen Eigenschaften und Stärken ist es außerdem wichtig, in welcher Umgebung ich mich befinde und welcher Kontext mich prägt.
Die Fragen bei der Auswahl eines Tests sollten deshalb sein: Kann ich mit der vorgenommenen Typisierung (und den Erklärungen dazu) etwas anfangen und was ist meine aktuelle Fragestellung, die ich beantwortet haben möchte?
Der Gallup StrengthsFinder
Der Gallup StrengthsFinder ist ein Persönlichkeitstest, der aus 34 verschiedenen Stärken ermittelt, welche davon bei einer Person am deutlichsten ausgeprägt sind. Die 34 Stärken werden in vier Bereiche unterteilt: Durchführung, Einflussnahme, Beziehungsaufbau und strategisches Denken. Betont wird, dass es keine guten oder schlechten Stärken gibt und jeder Mensch in der Kombination seine Stärken individuell ist. Es handelt sich um einen „Onlinetest, der Menschen dabei hilft, ihre Stärken zu identifizieren, zu verstehen und zu maximieren.“ Der Code für den Online-Test befindet sich in den verschiedenen Büchern von Gallup oder man kann direkt online einen Zugang kaufen und hier zwischen zwei Varianten wählen (Auswertung zu den Top-5-Stärken oder Auswertung aller 34 Stärken).
Der StrengthsFinder Test besteht aus knapp 200 Fragen. Angezeigt werden anschließend die fünf am höchsten ausgeprägten Stärken. Mit dem Code im Buch gibt leider nur eine Auswertung zu den Top-5-Stärken und dazu keine genaueren Werte. Interessant gefunden hätte ich zum Beispiel, ob diese Stärken ganz nahe beieinander liegen oder ob zwischen ihnen eine große Differenz besteht. Oder auch, was die bei mir am schwächsten ausgeprägten Stärken sind. Sobald der Test komplett ausgefüllt ist, kann man sich online das Ergebnis anschauen und einen „Bericht über die persönlichen Talentschwerpunkte“ sowie einen „Leitfaden zu Talentschwerpunkten“ herunterladen.
Ich habe mich in meinem Ergebnis ganz gut wiedergefunden. Gerne hätte ich noch mehr zu den vier Bereichen erfahren und was es bedeutet, wenn meine Stärken in verschiedenen oder nur einem Bereich liegen. Außerdem fehlt mir manchmal eine klarere Abgrenzung der Stärken untereinander. Manche Stärken wirken recht ähnlich und die Erläuterungen und Tipps dazu sind recht allgemein gehalten.
„Erkenne deine Stärken – Der StrengthsFinder für Studierende und Berufseinsteiger*“ von Gallup
Dieses Buch richtet sich primär an Studierende und Berufseinsteiger. Die Idee des Buches ist, die eigenen Talente zu entdecken, um Stärken daraus zu entwickeln. Dadurch wird deutlich, dass es nicht den einen richtigen Weg oder das eine Ziel gibt, sondern um ein Erkunden der passenden Art und Weise, um den eigenen individuellen Weg zu gehen. Der Tenor des Buches ist: Jeder ist anders, aber jeder ist richtig und am besten sind wir, wenn wir uns ergänzen! Gerade für die Zielgruppe finde ich diesen Hinweis sehr wichtig.
Im ersten Teil werden sechs Erfahrungen genannt, die nach den Forschungen des Gallup-Unternehmens einen besonders starken Einfluss auf das spätere Arbeitsleben haben. Insbesondere auf das Studium bezogen, kann ich diesen Punkten zustimmen. Es ist absolut hilfreich und ermutigend, wenn man zum Beispiel Dozenten findet, die einen für das Lernen begeistern, die einem als Person Interesse entgegen bringen oder es einem ermöglichen, an Projekten mitzuarbeiten.
Im Hauptteil werden die 34 Stärken oder Talente ausführlich beschrieben. Außerdem gibt es Tipps, wie man sie sowohl während des Studiums oder der Ausbildung als auch im Arbeitsleben anwenden und ausbauen kann. Es werden jedoch keine Berufe anhand ihres Tests empfohlen, denn Talente lassen sich in nahezu jedem Job einbringen, wenn die Umgebung passend ist.
„Auf die Führungskraft kommt es an! – Die 52 Gallup Erfolgsgeheimnisse zur Zukunft der Arbeit*“ von Jim Clifton und Jim Harter
„Gallup-Studie 2019: Rund sechs Millionen Beschäftigte glauben nicht an ihr Unternehmen – mit 122 Milliarden Euro Folgeschäden, schuld sind die Führungskräfte selbst“ – so betitelt es die WirtschaftsWoche im September 2019.
Dieses Buch greift den Punkt auf, dass Führungskräfte etwas dafür tun können, dass es ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut geht. Dafür greift es 52 Ergebnisse aus der Gallup-Studie zur Zukunft der Arbeit auf und unterteilt sie in fünf Kategorien (Strategie, Kultur, Arbeitgebermarke, Vom Chef zum Coach, Die Zukunft der Arbeit).
Herausforderungen, vor denen Unternehmen und Führungskräfte heute stehen sind zum Beispiel: Verschiedene Teams zusammenführen, eine gute Arbeitskultur entwickeln, Mitarbeiter im Homeoffice, Vorbereitung auf die künstliche Intelligenz, Arbeit auf Projektbasis oder das Gehalts- und Geschlechtergefälle. Zu allen Themen bietet das Buch eine kurze Einführung und ein paar Anhaltspunkte, in welche Richtung die Entwicklung gehen sollte. Die angesprochenen Punkte sind alle höchst aktuell und relevant, ich bin aber nicht sicher, ob Führungskräfte hier tatsächlich immer diejenigen sind, die hier (alleine) in der Lage sind, für eine gute Lösung zu sorgen. Vielmehr sehe ich die Unternehmens- und Organisationsleitung in der Pflicht, im besten Fall gemeinsam mit den Führungskräften nach Lösungen zu suchen.
Zum Thema „Balance zwischen Beruf und Familie“ geht es vor allem darum, dass geschaut wird, was die genauen Bedürfnisse der Frauen sind, denn viele wollen sich weiterentwickeln, aber streben nicht unbedingt in Führungspositionen. „Der wichtigste Punkt ist vielleicht, dass jeder einzelne Mitarbeiter – ob Mann oder Frau – selbst bestimmt, was er oder sie sich unter einem guten Leben und einer guten Karriere vorstellt. Richtig gute Manager […] zeigen realistische Wege zu deren Verwirklichung auf.„
Im Anhang werden die 34 Stärken des StrengthsFinder Tests kurz vorgestellt. Dann folgen Tipps, wie Führungskrafte mit der jeweiligen Stärke ihre Führungsrolle ausfüllen können, aber auch, wie sie Personen, die diese Stärke haben, führen und unterstützen können. Die Tipps sind hilfreich und regen zum Ausprobieren und Weiterspinnen an. Grundsätzlich sind die Tipps aber auch hier sehr allgemein formuliert und für mich sind auch die Tipps aus den anderen Stärkenprofilen durchaus nützlich.
Sehr spannend finde ich die anschließenden 12 Elemente der emotionalen Mitarbeiterbindung – 12 Punkte aus der Studie, die für Mitarbeiter wichtig sind, um sich am Arbeitsplatz wohl zu fühlen. Dazu gehört zum Beispiel, dass sie wissen möchten, was am Arbeitsplatz von ihnen verlangt wird, dass sie möglichst jeden Tag die Möglichkeit haben, das zu tun, was sie am besten können, dass sie merken, dass ihr Job wichtig ist und dass jemand da ist, der ihre Entwicklung fördert. Da Führungskräfte jedoch ebenfalls Mitarbeiter in einem Unternehmen sind, gelten auch diese Punkte im Grunde für die gesamte Unternehmenskultur.
Hast du Erfahrungen mit Persönlichkeitstests gemacht? Haben dich solche Tests weitergebracht oder eher irritiert? (*Amazon-Partnerlink)