Manchmal treffe ich auf Mütter, die scheinbar alles mit Leichtigkeit zu wuppen scheinen: Kinder, Job, Hobbys, Zeit mit Freundinnen, Sport und dazu noch Laterne basteln in der Schule und Elternbeirat im Kindergarten. Sie sehen wunderbar aus, weil sie bei der Maniküre waren und sich gerade eine Typberatung gegönnt haben. Da kann ich nur neidisch anerkennen, dass ich das nicht alles schaffe.

Ich falle abends manchmal kurz nach den Kindern ins Bett. Nach der Arbeit, wenn die Kinder zu Hause sind, lege ich mich ab und zu auf das Sofa und schlafe kurz ein. Von Energie kann da keine Rede mehr sein. Sind Kinder da, ist der komplette Alltag auf den Kopf gestellt. Besonders die andauernde Verantwortung für eine Familie, dauerhaft volle To­-do­-Listen und das ständige Gefühl, nicht allen und allem gleichermaßen gerecht werden zu können, sind
anstrengend und zehrend. Auch wenn die Zeiten, in denen ich nicht alleine auf die Toilette gehen konnte, nun schon länger vorbei sind, merke ich, dass es wichtig ist, einen Ausgleich zu den vielen Verpflichtungen zu finden.

 

Cotswolds, EnglandCotswolds

 

Sehr hilfreich finde ich das Powerfeld-Modell, das die Psychologin Anke Precht in ihrem Buch „Gelassen Powern – Das Geheimnis mentaler Energie„* beschreibt.

Um energiegeladen zu sein, brauchen wir nicht nur regelmäßige Auszeiten, sondern vor allem eine gute Balance zwischen Aktivierung und Entspannung auf der einen Seite, aber auch zwischen Beziehungen, geistiger Herausforderung und Sinn auf der anderen Seite.

Das Koordinatensystem hat zwei Achsen: Vertikal beschreibt das Powerfeld Aktivitäten, die ich für andere tue bzw. andere für mich oder mit mir zusammen. Horizontal diejenigen, die ich für mich selbst tue.

Die meisten meiner täglichen Aktivitäten zahlen auf eine oder gleichzeitig auf mehrere Achsen ein. Einzahlen bedeutet, dass die Aktivitäten in diese Bereiche „gehören“ und sie stärken. Gehe ich zum Beispiel Joggen, zahlt
das auf die rechte Seite ein „Ich für meinen Körper“. Gehe ich mit einer guten Freundin joggen, zahlt das ebenfalls auf diese Achse ein und außerdem zusätzlich auf die vertikale Achse unten „Andere für mich“.

 

 

Beispiele für die einzelnen Achsen sind:

  • Ich für andere: Pflichten in der Familie, auch wenn ich sie gerne tue, mein Job, Fortbildungen für den Job, Zeit mit dem Partner, in der wir über organisatorische Dinge sprechen, Dinge, die ich für andere Menschen tue, Dinge, die ich tue, damit mein tägliches Leben funktioniert.
  • Andere für mich: Zeit mit meinem Partner, mit Freunden oder Menschen, die ich mag, Zeit mit den Kindern, in der wir etwas machen, was uns Spaß macht.
  • Ich für meinen Körper: Sport, aktive Entspannung, gesunde Ernährung, Dinge, die meine Gesundheit unterstützen.
  • Ich für meinen Geist und meine Seele: Etwas neues lernen, was mir Spaß macht, die Beschäftigung mit mir selbst und meinem Wachstum, Achtsamkeit, Kunst, Musik, Kultur.

Auf keine Achse zahlen zum Beispiel Fernsehen, Aktivitäten in den sozialen Netzwerken sowie Gespräche mit Menschen, die ich nicht mag oder über Themen, die mich langweilen.

 

 

Cotswolds, Eveshamcotswolds

 

Mit (kleinen) Kindern steigen ganz automatisch die Aktivitäten im Bereich „Ich für andere“. Für die anderen Bereiche fehlt dann meist die Zeit. Wenn das Powerfeld kippt und dieser Zustand zu lange andauert, fühlt sich frau ausgelaugt. Dies kann im schlimmsten Fall zu einem Burnout führen.

Ich gehe regelmäßig die Achsen meines Powerfelds durch und schaue, ob meine Bilanz ausgeglichen ist. Je unausgeglichener mein Powerfeld ist, desto größer ist der Handlungsbedarf. Das Feld zeigt mir auch, in welchem Bereich ich zuerst etwas tun sollte. Den stärksten Effekt hat immer eine Investition auf die
Achse, die gerade am wenigsten Aufmerksamkeit bekommt.

Ich merke zum Beispiel, dass oft der Austausch mit Freundinnen zu kurz kommt, wenn viele Termine anstehen. Auch wenn ich das Gefühl habe, dafür gar keine Energie zu haben, tut mir ein Abendessen mit einer Freundin dann richtig gut. Oder ein Auszeit-Tag mit dem Lieblingsmann, wenn wir uns sonst hauptsächlich über To-do’s und Termine austauschen. Ich versuche,  jeden Tag kleinere und größere Dinge einzuplanen, die mir helfen, mein Powerfeld auszugleichen.

Kannst du mit dem Powerfeld-Modell etwas anfangen? Wie sieht deine Energie-Bilanz aus?

P.S.: Die Fotos in diesem Post sind während unseres Herbsturlaubs in England entstanden. In die Cotswolds möchte ich unbedingt noch einmal fahren. Immer wieder überkam mich der Gedanke, dass Miss Marple gleich um die Hausecke kommt.

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