Vor einigen Tagen habe ich eine Nachricht von einer Blogleserin bekommen. Ihre Frage möchte ich heute hier beantworten:
Hallo Sonja,
ich bin vor kurzem auf deinen Blog gestoßen und mag, dass du über Achtsamkeit und dergleichen schreibst. Damit und vor allem mit dem Umgang mit der heutigen Informationsflut beschäftige ich mich zur Zeit. Ich habe zwar keinen Blog, verbringe aber immer (zu) viel Zeit damit, auf Blogs zu lesen und Youtube-Videos zu schauen. Ich weiß nicht, wie vielen du folgst, ob du Youtube schaust und wie viel Zeit du täglich investierst, aber ich habe das Problem, dass ich oft kein Ende finde. […] da ich ein extrem perfektionistischer Mensch bin, lese ich täglich sorgfältig alle neuen Posts bzw. schaue die Videos, was sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Ich habe mir schon vorgenommen, einige zu ent-abonnieren oder nicht alles zu lesen, aber irgendwie habe ich dann Angst, etwas zu verpassen und den ultimativen Tipp, was zum Beispiel Pflege, Make-up usw. angeht nicht mitzubekommen.
Es fällt mir extrem schwer, nach wichtig und unwichtig zu unterscheiden.
Wenn ich versuche, Texte zu Überfliegen, weiß ich wieder nicht, welche Teile interessant sind. Ich habe dann immer das Gefühl, nicht alles „erfasst“ zu haben bzw. das nichts hängen bleibt, wenn ich nur schnell mal drüberlese. Besonders schlimm ist es, wenn ich auf Grund von Urlaub usw. ein paar Tage nicht zum lesen komme. Dann staut sich immer ein riesiger „noch zu lesen“ Haufen an.
Wie gehst du da vor? Hast du Tipps, wie ich mir das Aussortieren erleichtern oder aneignen kann?
Liebe Grüße
Was ich aus deiner Nachricht herauslese, ist, dass dich auf der einen Seite die vielen Beiträge und Videos faszinieren, auf der anderen Seite aber enorm stressen. Aus etwas, was eigentlich Spaß machen sollte, ist Stress geworden. Auch ich als Bloggerin kenne diese Schwierigkeit und stehe vor der Herausforderung, bei den vielen neuen Beiträgen in meinem Feed nicht unterzugehen.
Das, was du beschreibst, nennt man auch FOMO („the fear of missing out“, die Angst davor, etwas zu verpassen). Die Angst, etwas zu verpassen, ist nicht neu und eigentlich nicht an Soziale Medien gebunden. Bereits vor der Erfindung des Smartphones bin ich auf Partys gegangen, nur, um mitreden zu können. Auch dann, wenn ich vorher nicht wusste, was ich da genau verpassen würde. Jetzt sehe ich auf Facebook, Twitter und Instagram sehr genau, was ich alles verpasse.
Die (Online-)Welt dreht sich immer schneller und es ist schlicht unmöglich, überall dabei zu sein und alles zu lesen. Es trotzdem zu versuchen, lässt uns zu einem Hamster im Rad werden. Wir werden zu Beobachtern unseres eigenen Lebens und immer weniger zu aktiven Gestaltern unserer eigenen Zeit. Langfristig macht uns das krank. Wir müssen akzeptieren, dass wir nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung haben und es liegt an uns zu entscheiden, womit wir sie verbringen wollen.
Ich sehe es als Privileg an, abwägen und mir das Beste für mich aussuchen zu können. Ich kann mich Fragen: Was ist mir in meinem Leben wichtig? Was brauche ich, um glücklich und zufrieden zu sein? Was bringt mir Nähe und positive Kontakte, was tut meinem Körper und meiner Seele gut? Ich schaue, dass ich diese Dinge in meiner täglichen Planung unterbringe.
Dir scheinen Beauty-Produkte wichtig zu sein. Frage dich aber ehrlich, was es dir gibt, Videos oder Posts zu neuen Produkten anzuschauen. Es ist völlig in Ordnung, wenn du dir Zeiten nimmst, in denen du diese Videos schaust, vielleicht solltest du aber die Zeit dafür limitieren. Das wiederum mag zur Konsequenz haben, dass du deinen Feed reduzieren musst. Entscheide dich für die besten Kanäle. Und vergiss nicht: Alles sehen und lesen kannst du nicht, aber du kannst dir das Beste heraussuchen! Du kannst an einem Tag gar nichts schauen? Dann fordere dich heraus: Was passiert, wenn du eine Folge verpasst? (Ich vermute, es wird gar nichts passieren!)
Mein persönliches Motto ist in solchen Momenten: Alles, was ich sehen und lesen soll, werde ich auch sehen. Was ich nicht sehe, ist auch nicht wichtig! Punkt.
Die Gegenbewegung zu FOMO heißt übrigens JOMO („The joy of missing out“). Ich nutze ganz bewusst Offline-Zeiten, in denen ich mich bewusst nicht auf den aktuellen Stand bringe. Ich frage mich, was ich jetzt am liebsten machen würde und warum und genieße, was mir gerade vor die Nase kommt – das echte Leben eben.
P.S.: Die Teilnehmer meiner E-Kurse haben übrigens während des Kurses die Möglichkeit, mir alle ihre Fragen zu den Inhalten und Übungen zu stellen und erhalten von mir zeitnah eine Antwort. …und meine Kurse kann man auch verschenken. Dazu reicht eine Nachricht an mich und ich schicke dir alle weiteren Infos zu.